Wasserintegrator

Der Wasserintegrator (russisch Гидравлический интегратор) war ein früher Analogrechner. Er wurde 1936 in der Sowjetunion von Vladimir S. Lukyanov gebaut.

Mittels eines komplexen Netzwerkes aus Rohrleitungen und Wasserbehältern konnten Berechnungen durchgeführt werden. Der Wasserstand in den Behältern entsprach verschiedenen Zahlenwerten. Der Rechner konnte nicht-homogene Differentialgleichungen lösen.[1]

Die ersten Exemplare von Lukyanovs Integratoren waren eher experimentell und bestanden aus Zinn- und Glasröhren. Jeder Integrator konnte nur zur Lösung eines Problems verwendet werden.

In den 1930er Jahren war er der einzige Rechner in der Sowjetunion, um Differentialgleichungen in partiellen Ableitungen zu lösen.

1941 schuf Lukyanov einen hydraulischen Integrator mit modularem Aufbau, der die Montage einer Maschine zur Lösung verschiedener Probleme ermöglichte. Entworfen wurden zweidimensionale und dreidimensionale hydraulische Integratoren.

Der Wasserintegrator wurde in den 1940er Jahren zur Berechnung des Karakumkanals und in den 1970er Jahren zum Bau der Baikal-Amur-Magistrale verwendet. Ein funktionsfähiges Modell dieses Computers ist im Science Museum in London zu sehen.

1949–1955 wurde am wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Rechenmaschinenbau (NIIschetmash[2]) ein Integrator in Form einheitlicher Module entwickelt.

Im Jahr 1955 begann die Fabrik für Rechen- und Analysegeräte in Rjasan mit der Serienproduktion von Integratoren mit dem Fabriknamen „IGL“ (Integrator des Lukyanov-Hydrauliksystems). Integratoren wurden weit verbreitet und in die Tschechoslowakei, nach Polen, Bulgarien und China geliefert.

Wasserrechner wurden bis in die 1980er Jahre in der Sowjetunion genutzt.[3][4] Sie wurden in der Geologie, im Bergbau, in der Metallurgie, in der Raketenproduktion und in anderen Bereichen eingesetzt.

Einzelnachweise

  1. Amos, Martyn: Genesis Machines. The New Science of Biocomputing, ISBN 978-1-84354-225-4, Atlantic Books, 2006, Ch. 2., Birth of the Machines, ff.
  2. Geschichte der russischen Computertechnologie - NIIschetmash
  3. Trogemann, Georg; Nitussov, Alexander Y.; Ernst, Wolfgang: Computing in Russia. The History of Computer Devices and Information Technology revealed, ISBN 3-528-05757-2, Vieweg, Köln, Jul. 2001, S. 84 ff.
  4. Hally, Mike: Electronic Brains: Stories from the Dawn of the Computer Age, ISBN 0-309-09630-8, Joseph Henry Press, Washington, D.C., 2005, Ch. 8, Water on the Brain, S. 185 ff.
  • Archivierter Artikel aus dem russischen Magazin "Science and Life" über Wasserintegratoren in der Sowjetunion
  • Archivierter Artikel von O. V. Solovyov von der früheren Webseite des Polytechnisches Museum in Moskau
  • Erwähnt im Vortrag von Bernd Ulmann auf dem Vintage Computing Festival Berlin (VCFB) 2015 über Analogrechnerprogrammierung und auf dem Easterhegg 2017 über Analogrechnen
  • Hydraulic Analog Computer Technical Reports von 1953. Eine „collection of technical reports from the USACE (US Army Corps of Engineers) that was written by the Civil and Sanitary Engineering Department at MIT as part of a contract to create a Hydraulic Computer for solving diffusion-type Partial Differential Equations“ (englisch)