Der Unbesiegbare

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Zum spätantiken Philosophen siehe David der Unbesiegbare.

Der Unbesiegbare (polnisch Niezwyciężony) ist ein Science-Fiction-Roman von Stanisław Lem aus dem Jahr 1964.

Titel

Der deutsche Titel stellt keine exakte Übersetzung des Originals dar. „Niezwyciężony“ bedeutet auf Polnisch entweder das Adjektiv „unbesiegt“ oder das Nomen „(der) Unbesiegte“. Im Titel des Originals ist folglich „Der Unbesiegte“ gemeint.

Inhalt

Der Roman schildert den Verlauf einer Rettungsexpedition aus der Sicht des Ersten Offiziers Rohan.

Der Unbesiegbare, ein bewaffneter schwerer Raumkreuzer, wird zu einer Bergungsmission auf den Planeten Regis III geschickt. Das Raumschiff unter Kommandant Horpach soll das Verschwinden des Schwesterschiffs Kondor auf dem Planeten aufklären. Die beiden Schiffe stellen zu ihrer Zeit das Nonplusultra der technischen Fähigkeiten der Menschheit dar und werden als Ausdruck der Überlegenheit der menschlichen Technik und des Erfindergeists angesehen, daher auch die Anspielung im Raumschiffnamen.

Nach der Landung stellt die Besatzung fest, dass auf dem Festland keinerlei Leben existiert, und sich lediglich in den Ozeanen Algen und fischähnliche Meeresbewohner aufhalten, welche allerdings die Uferzonen strikt meiden. Auf dem Festland finden sich uralte Relikte, die zunächst als Ruinen einer Stadt gedeutet werden. Bei der Untersuchung der Ruinen ergibt sich aber, dass die metallenen Objekte keinerlei Räume und auch keine Ein- oder Ausgänge besitzen, sie somit nie als Wohnbehausungen gedient haben können. Bei ihren Konstrukteuren muss es sich um Maschinen gehandelt haben – wie sich später zeigt, wahrscheinlich um ortsgebundene kybernetische Einheiten.

Als der Kondor aufgefunden wird, wird zunächst festgestellt, dass das Raumschiff äußerlich intakt ist. Es werden etliche Tote aus dem Schiff geborgen, die fast alle verhungert sind. Die Einrichtungen im Raumschiffinneren sind durch Gewalteinwirkung verwüstet, die Lebensmittelvorräte jedoch unangetastet, ebenso die Treibstoff- und Energiereserven. In den Logbucheinträgen findet sich ein Hinweis auf fliegenartige Lebewesen. Die Wissenschaftler des Unbesiegbaren halten jedoch die Existenz von insektenähnlichen Lebewesen in einer Welt ohne Land-Ökosystem für unmöglich.

Bei einem ungeklärten Unfall in einer Höhle verliert ein Forscher sein gesamtes Gedächtnis mit allen Erinnerungen und erlernten Fähigkeiten, sein Gehirn wird praktisch gelöscht. Der Betroffene ist danach so hilflos wie ein Neugeborenes. Der Besatzung des Unbesiegbaren drängt sich der Schluss auf, dass das Gleiche der Besatzung der Kondor passiert sein muss, woraufhin diese Menschen verhungerten.

Auf der Suche nach einem vermissten Erkundungstrupp werden zwei Aufklärungsflugzeuge von einer Wolke aus metallischen Partikeln vernichtet. Die fliegenden Partikel verhalten sich schwarmähnlich und greifen mit starken magnetischen Feldern an. Mit derartigen Feldern kann auch der beobachtete Gedächtnisverlust hervorgerufen werden. Die Partikel scheinen keine eigene Intelligenz zu haben und lediglich als Schwarm zu koordinierten Aktionen fähig zu sein. Die Spezialisten des Unbesiegbaren stellen die Hypothese auf, dass die Partikel das Ergebnis einer Evolution von Maschinen sind. Die Vorläufer dieser Maschinen seien vor Jahrmillionen von einer außerirdischen Zivilisation auf den Planeten gebracht worden und entwickelten sich seither auf evolutionäre Weise weiter, um im Kampf um die knappen Rohstoff- und Energiereserven des Planeten gegen andere Maschinen und die einst vorhandene Ökosphäre zu bestehen. Es wird impliziert, dass die Ökosphäre durch diese Kämpfe so stark geschädigt wurde, dass sie zumindest an Land letzten Endes kollabierte.

Die Suche nach den verschollenen Besatzungsmitgliedern fordert nun immer größere Verluste bei der Raumschiffbesatzung. Ein Rettungseinsatz unter Rohans Kommando kann zwar 18 der 22 vermissten Männer aufspüren, sie leiden jedoch alle an totalem Gedächtnisverlust. Darüber hinaus wird Rohans Trupp beim Durchsuchen einer Schlucht von dem Schwarm angegriffen, wobei mehrere Menschen ums Leben kommen. Rohan selbst übersteht den Angriff unverletzt.

Ein unbemanntes gepanzertes Spezialfahrzeug mit schwerer Bewaffnung wird daraufhin in die Schlucht geschickt und ebenfalls angegriffen. In einem erbittert geführten Feuergefecht gelingt es dem Schwarm, die künstliche Intelligenz des Panzerfahrzeugs auszulöschen. Daraufhin zerstört das Fahrzeug die begleitenden Telesonden und steuert in die Wüste. Als der Panzer später in der Nacht zurückkehrt und den Unbesiegbaren angreift, lässt Horpach ihn vernichten.

Danach tun sich Spannungen unter den Besatzungsmitgliedern auf. Die Wissenschaftler erarbeiten Szenarien, wie der Schwarm vernichtet werden könne. Rohan und große Teile der Besatzung dagegen möchten den Planeten so schnell wie möglich verlassen und argumentieren, dass man an einem unbewussten Schwarm weder Rache nehmen könne, noch dass eine unmittelbare Gefahr für die Zivilisation außerhalb des Planeten bestehe. Als Horpach Rohan die Entscheidung über das weitere Vorgehen überlässt, gesteht Rohan ein, dass das Raumschiff nicht starten kann, bevor das Schicksal der verschollenen vier Besatzungsmitglieder aufgeklärt ist.

Da Rohan bereits einmal einen Angriff des Schwarms überstanden hat, wagt er einen letzten Suchvorstoß. Ohne Metall an der Kleidung und unbewaffnet bricht er erneut in die Schlucht auf, in der die Vermissten vermutet werden. Geschützt wird er durch einen Sender, welcher die Gehirnströme eines ‚gelöschten‘ Gehirns simuliert. Er wird vom Schwarm nicht attackiert und findet drei der vier Vermissten tot auf, woraufhin er den Tod auch des vierten Forschers nicht mehr bezweifelt. Er wird Zeuge eines unerklärlichen Rituals der Metallpartikel.

Mit letzter Kraft kehrt Rohan schließlich zum Raumschiff zurück. In der letzten Szene schleppt er sich auf sein Raumschiff zu, das im letzten Satz des Buchs noch einmal als technisches Wunderwerk und Symbol der menschlichen Überlegenheit dargestellt wird. Der Satz endet mit den Worten „… als wäre es wirklich unbesiegbar“. Damit wird auf die menschliche Hybris angespielt, die hier durch die Primitivität der Metallpartikel-Wesen deutlich wird, die das erste „unbesiegbare“, äußerst komplexe Raumschiff Kondor durch ihre Einfachheit und Anpassungsfähigkeit dennoch besiegen und den Unbesiegbaren zum Rückzug zwingen konnten.

Adaptionen

2018 entstand Der Unbesiegbare beim Mitteldeutschen Rundfunk als knapp 78-minütige Hörspielfassung. Unter der Regie von Oliver Sturm sprachen u. a. Felix von Manteuffel (Horpach), Hanns Jörg Krumpholz (Rohan), Mira Partecke (Iris) und Leslie Malton (Sax).[1]

2020 wurde das auf dem Roman basierende Videospiel The Invincible angekündigt,[2][3] das am 6. November 2023 erschien.[4]

Kritik

Der Science-Fiction-Autor, Drehbuchautor (u. a. Star Trek) und Kritiker Theodore Sturgeon lobte das Buch als „Science Fiction in der großen Tradition“ (orig.: sf in the grand tradition). Die wissenschaftlichen Aspekte seien fundiert, die Beschreibungen lebendig und kraftvoll (orig.: The science is hard. The descriptions are vivid and powerful.)[5][6]

Ausgaben der deutschen Übersetzung

  • Der Unbesiegbare. Aus dem Polnischen übertragen von Roswitha Dietrich. Verlag Volk und Welt, Berlin (DDR) 1967, L. N. 302, 410/33/67
    • Lizenzausgabe: Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-596-21199-9 (Digitalisat der 11. Auflage im Internet Archive)
  • Der Unbesiegbare. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1976, ISBN 3-458-05011-6
  • Der Unbesiegbare. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-38959-9
  • Der Unbesiegbare. Suhrkamp, Berlin 2021, ISBN 978-3-518-47148-7

Einzelnachweise

  1. ARD-Hörspieldatenbank (Der Unbesiegbare, MDR 2018)
  2. Mathias Dietrich: In The Invincible von Ex-Cyberpunk-Entwicklern bestimmt ihr die Story. In: GameStar. 17. September 2020, abgerufen am 29. Dezember 2020. 
  3. Marcel Kleffmann: The Invincible: Sci-Fi-Thriller auf Basis des Buchs von Stanislaw Lem angekündigt. In: 4Players. 15. September 2020, abgerufen am 29. Dezember 2020. 
  4. The Invincible - Release, News, Systemanforderungen. In: gamestar.de. Abgerufen am 24. Januar 2024 (deutsch). 
  5. The Invincible: Adapting Lem's Novel into a Video Game. 80 Level, www.80.lv, abgerufen am 15. Dezember 2023
  6. "Galaxy Bookshelf", Galaxy Science Fiction, November 1973, p.84
Werke von Stanisław Lem

Science-Fiction-Werke: 1946 Człowiek z Marsa (dt. Der Mensch vom Mars, 1989) | 1951 Astronauci (dt. Der Planet des Todes / Die Astronauten, 1954) | 1955 Obłok Magellana (dt. Gast im Weltraum, 1956) | 1957 Dzienniki gwiazdowe (dt. Sterntagebücher, 1961) | 1959 Eden (dt. Eden, 1960) | 1961 Solaris (dt. Solaris, 1972) | 1961 Pamiętnik znaleziony w wannie (dt. Memoiren, gefunden in der Badewanne, 1974) | 1961 Powrót z gwiazd (dt. Transfer / Rückkehr von den Sternen, 1974) | 1964 Niezwyciężony (dt. Der Unbesiegbare, 1967) | 1964 Bajki robotów (dt. Robotermärchen, 1969) | 1965 Cyberiada (dt. Kyberiade, 1983) | 1968 Opowieści o pilocie Pirxie (dt. Pilot Pirx, 1978) | 1968 Głos Pana (dt. Die Stimme des Herrn, 1981) | 1969 Opowiadania (dt. Nacht und Schimmel, 1972) | 1971 Kongres futurologiczny (dt. Der futurologische Kongreß, 1974) | 1976 Maska (dt. Die Maske, 1978) | 1981 Golem XIV (dt. Also sprach Golem, 1984) | 1982 Wizja Lokalna (dt. Lokaltermin, 1985) | 1986 Pokój na ziemi (dt. Der Flop / Frieden auf Erden, 1986) | 1987 Fiasko (dt. Fiasko, 1986) |

Verschiedene: 1951 Jacht „Paradise” (Theaterstück, mit Roman Hussarski) | 1955 Szpital przemienienia (dt. Die Irrungen des Dr. Stefan T. / Das Hospital der Verklärung, 1959) | 1957 Dialogi (dt. Dialoge, 1980) | 1959 Śledztwo (dt. Die Untersuchung, 1975) | 1964 Summa technologiae (dt. Summa technologiae, 1976) | 1968 Filozofia przypadku (dt. Philosophie des Zufalls, 1983 / 1985) | 1968 Wysoki Zamek (dt. Das Hohe Schloß, 1974) | 1970 Fantastyka i futurologia (dt. Phantastik und Futurologie, 1977 / 1980) | 1971 Doskonała próżnia (dt. Die vollkommene Leere, 1973; Das absolute Vakuum, 1984) | 1973 Wielkość urojona, (dt. Imaginäre Größe, 1976) | 1976 Katar(dt. Der Schnupfen 1976) | 1978 Rozprawy i szkice, (dt.  aufgeteilt auf Sade und die Spieltheorie, 1986; Über außersinnliche Wahrnehmung, 1987; Science-fiction: ein hoffnungsloser Fall mit Ausnahmen, 1987) | 1980 Prowokacja, (dt. Provokation, 1981) | 1983 One Human Minute, (dt. Eine Minute der Menschheit, 1983) | 1983 Weapon Systems of the 21st Century or the Upside Down Evolution, (dt. Waffensysteme des 21. Jahrhunderts, 1983) | 1983 The World as Holocaust, (dt. Das Katastrophenprinzip, 1983) | 1992 Die Vergangenheit der Zukunft | 1996 Tajemnica chińskiego pokoju, (dt. Die Technologiefalle, 2000) | 1999 Bomba megabitowa, (dt. Die Megabit-Bombe, 2003) | 2000 Okamgnienie, (dt. Riskante Konzepte, 2001) | 2003 DyLEMaty | 2006 Rasa drapieżców – Teksty ostatnie | 2009 Sknocony kryminał (posthum) |

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